Situ­iert­er Er­werb von Math­em­atikken­nt­n­is­sen in den In­genieur­wis­senschaften

Ziele

In ingenieurwissenschaftlichen Einführungsveranstaltungen werden für die Vermittlung der fachlichen Inhalte häufig mathematische Fertigkeiten und Kenntnisse benötigt, die teilweise deutlich über die Schulmathematik hinausgehen, aber erst später in der universitären Mathematiklehre behandelt werden. Ziel des Teilprojekts war daher die Entwicklung und Evaluierung von Interventionen, um dieser Herausforderung exemplarisch in der Lehrveranstaltung Grundlagen der Elektrotechnik A (GET A) an der Universität Paderborn, die regelmäßig von der Projektleiterin angeboten wird, zu begegnen. In diesem Fall stehen die fortgeschrittenen mathematischen Kompetenzen größtenteils im Zusammenhang mit der Beschreibung elektromagnetischer Felder, die entsprechend den Empfehlungen des Fakultätentags für Elektrotechnik und Informationstechnik (2010) in der Lehrveranstaltung behandelt werden. Im Rahmen des Teilprojekts wurde auf den situierten Erwerb von Mathematikkenntnissen fokussiert, bei dem die Vermittlung mathematischer Kompetenzen in den situativen Kontext der technischen Fachlehre eingebunden wird.

Im Einzelnen waren die folgenden Projektziele und Arbeitsschwerpunkte geplant: 

1. Erarbeitung mathematischer Exkurse innerhalb der Vorlesung, 

2. Generierung von Applets zur Verdeutlichung mathematischer Zusammenhänge, 

3. Aufbau eines abgestimmten Selbstlernangebots in Form eines Online-Angebots. 

Weitergehende Aufgabenpunkte waren die Abstimmung beziehungsweise die Verbesserung der Abstimmung von Mathematik- und Elektrotechnik-Lehrenden sowie die Übertragung der Konzepte auf weitere Veranstaltungen. 

Bisherige Ergebnisse

Die geplanten Arbeitsschwerpunkte konnten vollständig und erfolgreich umgesetzt werden. Um den genannten Herausforderungen zu begegnen, wurde ein abgestimmtes Blended Learning Szenario entwickelt. Zentrales Element des Ansatzes ist ein Online-Angebot in Form eines Wikis. Dieses enthält Exkurse (Artikel) zu mathematischen Schwerpunktthemen, die im Rahmen einer innerhalb der Lehrveranstaltung durchgeführten Studie als besonders problematisch für die Studierenden identifiziert wurden. Hierzu zählen insbesondere Mehrfachintegrale unter Verwendung unterschiedlicher Koordinatensysteme. Die Themen werden mit Bezug auf die technischen Veranstaltungsinhalte, die als Beispiele und Motivation dienen, aufgegriffen und vertieft. Das Wiki wird einerseits systematisch in der Vorlesung und Übung eingesetzt, um kurze mathematische Exkurse zu realisieren. Andererseits ermöglicht das Wiki die Aufarbeitung mathematischer Themen außerhalb der Präsenzveranstaltungen in Bezug auf die individuellen Vorkenntnisse und berücksichtigt damit insbesondere die genannte Heterogenität der Studierenden. 

Im Rahmen der Evaluierung des Ansatzes konnte dessen Wirksamkeit und Akzeptanz nachgewiesen werden: So konnte beispielsweise die Durchfallquote in der Abschlussklausur, trotz identischer Anforderungen, von 38,0 % im Vorjahr (WS 2011/12) auf 24,2 % (WS 2012/13) gesenkt werden. Außerdem gaben 57,7 % der befragten Studierenden an, dass sie das Wiki im Rahmen der Klausurvorbereitung verwendet haben. 

Aufgrund des Erfolgs des Ansatzes wird dieser zukünftig im Rahmen des Projekts „LEMMA - Lehrinnovationen zur Mathematikausbildung in der Elektrotechnik“ systematisch weiterentwickelt: Das bestehende Online-Angebot soll dazu insbesondere um kurze Videolehreinheiten ergänzt werden. Darüber hinaus soll der Ansatz auf das Masterstudium der Elektrotechnik ausgedehnt werden. Das Präsidium der Universität Paderborn hat diesbezüglich Prof. Dr. Bärbel Mertsching und Markus Hennig aufgrund der Empfehlung der Kommission für Lehre, Studium und Qualitätsmanagement den Förderpreis für Innovation und Qualität in der Lehre 2013 verliehen. Der Preis wurde am 11. Februar 2014, dem Tag der Lehre, übergeben.

Abb.: Ausschnitt der Startseite des entwickelten Online-Angebots.

Abb.: Anzahl der Besuche für das Wiki im Wintersemester 2012/2013.

 

Abb.: Ein im Rahmen des Teilprojekts entwickeltes innovatives interaktives Applet zum Kugelkoordinatensystem. Das Koordinatensystem kann frei in alle Richtungen gedreht werden.

Publikationen:

Hennig, M., & Mertsching, B. (2011): Situierter Erwerb von Mathematikkenntnissen. In: Tagungsband zur TeachING-LearnING.EU Fachtagung: Next Generation Engineering Education. Aachen. 

Hennig, M., & Mertsching, B. (2012). Situated Acquisition of Mathematical Knowledge - Teaching Mathematics within Electrical Engineering Courses. In: Proceedings of the 40th Annual Conference of the European Society for Engineering Education. Thessaloniki, Griechenland.

Hennig, M., & Mertsching, B. (2012): Vermittlung von Mathematikkenntnissen im Kontext ingenieurwissenschaftlicher Fachlehre. In: Tagungsband zur TeachING-LearnING.EU Fachtagung: LearnING by doING - Wie steigern wir den Praxisbezug in den Ingenieur-wissenschaften? Bochum. 

Hennig, M., & Mertsching, B. (2013): Einsatz eines Wikis zur Vermittlung von Mathematikkenntnissen in den Grundlagen der Elektrotechnik. In: 2. khdm-Arbeitstagung: Mathematik im Übergang Schule/Hochschule und im ersten Studienjahr. Paderborn. 

Hennig, M., Gaspers, D., & Mertsching, B. (2013). Interactive WebGL-based 3D visualizations for situated mathematics teaching. In: Proc. of the 12th Information Technology Based Higher Education and Training Conference. Antalya, Türkei. 

Hennig, M., & Mertsching, B. (2013): Ein Blended Learning Ansatz zur situierten Vermittlung von Mathematikkenntnissen. In: Tagungsband zur TeachING-LearnING.EU Fachtagung: MovING forward - Engineering Education from Vision to Mission. Dortmund. 

Mertsching, B., & Hennig, M. (2013): Situierter Erwerb von Mathematikkenntnissen in den Ingenieurwissenschaften am Beispiel der Grundlagen der Elektrotechnik. In: Mit Werkzeugen Mathematik und Stochastik lernen, Springer. 

Ansprechpartner

Markus Hennig
Universität Paderborn

Raum:       P.1.7.08.4
Telefon:     +49 5251 60-3238
E-Mail:       hennig(at)get.uni-paderborn(dot)de

Kontaktdaten finden Sie hier.

Wissenschaftler/innen

Prof. Dr. Bärbel Mertsching
Markus Hennig